Es gibt viele Sitzfehler: das Hohlkreuz, der Spaltsitz, der Stuhlsitz und einige weitere. Um den Stuhlsitz geht es in diesem Artikel.
Womöglich wurdest du darauf aufmerksam gemacht oder es ist dir selbst aufgefallen: Du hast einen Stuhlsitz. Reiten im Stuhlsitz ist beinahe selbsterklärend. Der Reiter sitzt ähnlich wie auf einem Stuhl.
Vielleicht bist du dir aber auch noch gar nicht ganz sicher, was an deinem Sitz nicht stimmt. Dass etwas nicht in Ordnung ist, hast du daran gemerkt, dass sich dein Sitzen im Sattel nicht mehr ausbalanciert und schwingend anfühlt. Der Stuhlsitz kann auf jeden Fall ein Grund dafür sein.
Für den Reiter ist der Stuhlsitz eine vermeintlich “bequeme” Methode sich tragen zu lassen. Für dein Pferd ist die Belastung im hinteren Teil des Sattels allerdings alles andere als angenehm. Ganz im Gegenteil, es schmerzt und bringt den Vierbeiner aus dem Gleichgewicht. Im schlimmsten Fall kann dieser Sitz den natürlichen Rhythmus deines Pferdes vollständig durcheinanderbringen.
Wenn du dir den Stuhlsitz einmal angewöhnt hast, ist es nur schwer, ihn wieder zu korrigieren. Am besten ist, du gehst umgehend auf Fehlersuche. Versuche anschließend, das Problem durch die richtigen Übungen im und außerhalb des Sattels durch gezieltes Training zu beheben.
Reitstunden alleine reichen oftmals nicht aus, um den Stuhlsitz wieder aus dem Reitalltag verschwinden zu lassen. Natürlich ist es der richtige Weg, Reitstunden zu nehmen und dich immer wieder korrigieren zu lassen. Dennoch ist es ebenso wichtig, auch außerhalb des Reitgeschehens die richtigen Übungen für einen idealen Reitersitz zu trainieren.
Ein Reiter muss sich so gut in seinem Körper bewegen können, dass das Pferd nicht durch den reiterlichen Sitz beeinträchtigt wird. Denn ein guter Sitz sollte nicht nur gut aussehen, in erster Linie sollte er hochgradig funktionell sein. Die schlechte Optik erledigt sich dadurch meistens von selbst.
Wenn du also wissen möchtest, was du gegen den lästigen Stuhlsitz tun kannst, wirst du hier ausreichend Informationen finden. Viel Freude!
Stuhlsitz Reiten: Wie sieht der korrekte Reitersitz aus und wo liegen die Unterschiede?
Der korrekte Sitz ist für Pferd und Reiter gleichermaßen wichtig. Bei beiden Parteien können andernfalls körperliche Probleme auftreten und das Reiten zur Qual machen. Dabei sollte Reiten sowohl im Hobby- als auch im Profibereich Spaß bereiten.
Der richtige Reitersitz umfasst folgende Punkte:
- Der Kern des richtigen Sitzes ist das Becken, dies sollte beweglich schwingen und sich im tiefsten Punkt des Sattels befinden,
- der Oberkörper befindet sich in gerader Position über dem Becken,
- der Kopf ist aufrecht und der Blick geradeaus,
- das Gewicht der Arme sollte sich über dem Rücken verteilen,
- der Brustkorb wölbt sich und stützt die Schulterpartie,
- die zur hohlen Faust geballten Hände stehen Handbreit nebeneinander und über dem Widerrist,
- die Füße befinden sich in natürlicher Position parallel bzw. leicht seitlich gerichtet zum Pferdekörper,
- die Füße sind so positioniert, dass sich der Fußballen kurz vor der breitesten Stelle des Bügels befindet,
- das Fußgelenk ist locker und beweglich,
- sobald das Pferd in Bewegung kommt, wird der Absatz zum tiefsten Punkt des Reiters.
Diese beiden wichtigen Linien solltest du gleichermaßen beachten:
Linie 1: Senkrechte Linie vom Ohr (Reiter) über die Schulter, über die Hüfte, über die Hinterkante des Absatzes.
Linie 2: Vom Ellenbogen, über das Handgelenk, über den Zügel bis zum Pferdemaul
Stuhlsitz – Reiten in Fehlstellung: So sollte es auf keinen Fall aussehen!
Beim Stuhlsitz sitzt der Reiter mit dem Oberkörper mehr oder weniger weit nach hinten gelehnt. Der Absatz liegt nicht unter den Hüften, sondern davor. In den meisten Fällen ist der Oberkörper in dieser Haltung instabil. Viele lehrende Reiter befürworten es, die Bügel nun möglichst lang zu stellen. Longentraining ohne Steigbügel und regelmäßiger Reitunterricht sind weitere Maßbnahmen. Doch auch hierfür ist wichtig zu wissen, woher der Stuhlsitz eigentlich kommt. Liegt es womöglich am falschen Sattel, ist der Reiter noch im Wachstum und die Gewichtsverteilung hat sich verändert oder stecken andere Gründe dahinter.
Nachfolgend schauen wir uns die Problematik des Stuhlsitzes einmal genauer an und gehen den drei Hauptursachen auf den Grund.
Die 3 häufigsten Ursachen eines Stuhlsitzes
- Unbewegliches Becken: Ursache für ein unbewegliches Becken ist meist eine deutlich verkürzte Lenden-Binnen-Muskulatur. Diese kann jedoch durch geeignete Übungen durchaus deutlich flexibler werden.
- Veränderung durch Wachstum: Ist der Reiter noch im Wachstum, kann sich im Laufe der Zeit ein Stuhlsitz einschleichen. Die Veränderung des Körpers kann dazu führen, dass sich die Gleichgewichtsverteilung verschiebt und dies die Ursache des Problems ist.
- Falscher Sattel: Sowohl für das Pferd als auch für den Reiter ist der Sattel ggf. nicht passend. Der Sattel ist jedoch ein wichtiger Verbindungspunkt zwischen Pferd und Reiter. Ist der Sattel hinten zu niedrig, liegt der Schwerpunkt zu weit hinten und der Reiter kommt automatisch in den Stuhlsitz. Auch ein zu breiter oder zu eng liegender Sattel kann dieses Problem verstärken. Deshalb ist es wichtig, den passenden Sattel (angepasst durch einen Sattler) zum Pferd zu finden.
Vom ungesunden Stuhlsitz hin zum klassischen und ausbalancierten Reitersitz
Um von der ungesunden Reitweise des Stuhlsitzes wegzukommen, bedarf es Geduld. Ein oder zwei Reitstunden werden dein Problem nicht lösen. Hier ist es wichtig, am Ball zu bleiben und sowohl vom Sattel aus als auch mit den richtigen Übungen am Boden entgegenzuwirken. Im Anschluss findest du ein geeignetes Training. Wenn du kontinuierlich dran bleibst, wirst du bereits nach wenigen Wochen spürbare Ergebnisse feststellen können.
Da der Hauptgrund des Stuhlsitzes in den häufigsten Fällen an der Unbeweglichkeit des Beckens liegt, ist hier der erste Punkt, an dem wir ansetzen. Viel Erfolg!
Wichtige Grundsätze, die du wissen solltest, bevor du mit den Übungen beginnst:
- Die tiefe gerade Bauchmuskulatur sollte so trainiert sein, dass sie stark genug ist, das Becken natürlich aufzurichten. Die Kräftigung der Bauchmuskulatur ist also essenziell.
- Die vorderen Hüftbeuger müssen gut gedehnt sein, damit das Becken nicht nach vorne kippt.
- Die schrägen Bauchmuskeln, die einseitige Gewichtshilfen ermöglichen, müssen so trainiert sein, dass ein geschlossener Sitz möglich ist.
- Die Rückenmuskulatur muss so weit gedehnt sein, dass sie den Reiter nicht blockiert.
- Die Gesäßmuskeln und die Hüfte müssen gut trainiert sein, da sie für das Öffnen und die Klemmer (Adduktoren) für das Schließen der Beine zuständig sind.
- Meist ist die seitliche Rumpfmuskulatur nicht gleichmäßig ausgebildet. Diese wird aber dringend benötigt, um stabilisierend zu wirken. Die seitliche Rumpfmuskulatur steht in starker Verbindung zu einem unbedingt notwendigen aufrechten Sitz.
- Die Klemmer, auch Adduktoren genannt, dürfen das Becken nicht blockieren. Sie sollten im ausgeglichenen Verhältnis zu den Gesäßmuskeln stehen. Da sie meist stärker als die Gesäßmuskeln sind, müssen sie ausreichend gedehnt werden.
Übungen gegen Stuhlsitz beim Reiten:
Kräftigung der Bauchmuskeln:
- Übung 1:
Ausgangsposition: Rückenlage, Knie- und Hüftgelenke rechtwinklig beugen (z.B. auf einem Stuhl). Arme vor dem Oberkörper über Kreuz nehmen.
Ausführung: Oberkörper langsam aufrichten. Der Kopf bleibt in der Verlängerung des Oberkörpers.
- Übung 2:
Ausgangsposition: dieselbe Ausgangsposition wie in Übung Nr. 1. Die Arme dabei allerdings nach vorne strecken.
Ausführung: Den Oberkörper langsam aufrichten und die Hände in Richtung Stuhl drücken.
- Übung 3:
Ausgangsposition: Rückenlage mit angestellten Beinen. Die Arme nach vorne strecken.
Ausführung: Oberkörper langsam aufrichten und Hände an den Beinen nach vorne strecken.
- Übung 4:
Ausgangsposition: Rückenlage, Knie- und Hüftgelenk rechtwinklig beugen. Die Unterschenkel halten oder auf einem Stuhl ablegen.
Ausführung: Oberkörper aufrichten, linke Schulter vom Boden lösen und Hände am rechten Oberschenkel vorbeiführen.
- Übung 5:
Ausgangsposition: Auf dem Rücken Arme auf dem Boden zur Seite strecken. Knie- und Hüftgelenke rechtwinklig beugen und Beine leicht öffnen.
Ausführung: Beine abwechselnd nach rechts oder links am Boden ablegen.
Dehnung der vorderen und inneren Hüftbeuger:
- Übung 1:
Ausgangsposition: Bauchlage, die eine Hand nach vorne strecken, die andere Hand umfasst das Fußgelenk.
Ausführung: Ferse in Richtung Gesäß ziehen.
- Übung 2:
Ausgangsposition: Ausfallschrittstellung, den Unterschenkel des hinteren Beins ablegen, die gegenüberliegende Hand umfasst den Fußrücken.
Ausführung: Die Ferse in Richtung Fuß strecken.
Dehnung der tiefen Rückenmuskulatur:
- Übung 1:
Ausgangsposition: Rückenlage, Knie- und Hüftgelenk rechtwinklig, Fersen auf einen Stuhl legen und Oberkörper auf den Boden stützen.
Ausführung: Gesäß weit vom Boden abdrücken.
- Übung 2:
Ausgangsposition: Rückenlage, Oberkörper auf die Unterarme stützen.
Ausführung: Gesäß heben, sodass die gesamte vordere Körperseite eine Linie ergibt.
- Übung 3:
Ausgangsposition: wie in Übung 2.
Ausführung: Gewicht nur auf ein Bein stützen und das Gesäß langsam heben. Auch jetzt muss die gesamte Vorderseite eine Linie ergeben (die Seiten abwechselnd).
All diese Übungen helfen dir, den Stuhlsitz beim Reiten zu korrigieren.
Welches Equipment benötigst du für das Training?
Leichte und atmungsaktive Kleidung ist bei den oben aufgeführten Übungen von großem Vorteil. Außerdem macht eine Trainingsmatte die Ausführung angenehmer. Bei manchen Übungen benötigst du einen Stuhl um deine Füße bzw. Fersen darauf abzulegen.
Stuhlsitz Reiten: Wie oft und wie lange sollen die Übungen durchgeführt werden?
Das Training sollte mehrmals die Woche durchgeführt werden. Selbstverständlich solltest du immer so trainieren, wie es deine körperliche Verfassung zulässt. 1-2 Durchläufe wären für den Anfang ausreichend. Steigere dich, sobald du merkst, dass dir die Übungen leichter fallen.
Zusammenfassung
Der Stuhlsitz: Reiten in dieser Position ist ein lästiges Thema. Er schränkt nicht nur die Bewegungen des Oberschenkels ein und sorgt für Ungleichgewicht. Nein, er kann auf Dauer sogar tiefgreifend schaden. Wenn sich der Stuhlsitz einmal eingeschlichen hat, ist er nur mit gezieltem Entgegenwirken zu korrigieren.
Doch was kann man beim Reiten gegen den Stuhlsitz machen?
Ein Reiter sollte seinen Körper und die dafür vorgesehenen Muskelpartien so gut beherrschen, dass ein ausbalancierter und aufrechter Sitz stattfinden kann. Gleichermaßen wichtig ist die korrekte Ausstattung des Pferdes, insbesondere des Sattels. Als Bindeglied zwischen Pferd und Reiter ist er ein ausschlaggebender Punkt für den richtigen Sitz. Passt der Sattel nicht (weder Pferd noch Reiter), kann dieser der Grund für den Stuhlsitz sein. Meist liegt es dann daran, dass der Sattel am hinteren Rand zu tief sitzt und somit der Schwerpunkt zu weit hinten liegt. Der Reiter schiebt dann automatisch die Beine nach vorne und der Rücken fällt nach hinten.
Es gibt gezielte Möglichkeiten, um dem Stuhlsitz entgegenzuwirken. Insbesondere sind Übungen zu Boden eine super Unterstützung, um die Muskeln so zu stärken, dass sich der Stuhlsitz zurückbildet.
Mit den oben aufgeführten Übungen steht deinen reiterlichen Erfolgen nichts mehr im Weg!
Ich reite, seitdem ich 6 Jahre alt bin. Mit meiner Trainer B Lizenz „Reiten“ und meiner Ergänzungsqualifikation „Sitz- und Gleichgewichtsschulung“ konnte ich schon vielen Reiter-Pferd-Paaren zu mehr Harmonie und „richtigem Reiten“ verhelfen. Meine Passion liegt in der Vielseitigkeit/Cross Country. Ich habe zwei eigene Pferde: „Bell“ (*2016) und „Grazi“ (*1994), zwei Kinder: „Fabius“ (*2017) und „Joshua“ (*2021), bin glücklich verheiratet und lebe in Straßlach, bei München.
Mein Autoren-Profil: Johanna Hartung