Headshaking bedeutet übersetzt nichts anderes als “Kopfschütteln”. Es wird keine Krankheit bezeichnet, sondern meist vielmehr ein Symptom/Syndrom. Aber woher rührt das unaufhaltsame Nicken/Schütteln mit dem Pferdekopf?
Ein Headshaker kann vielerlei Grundprobleme haben, die zu diesem ungewöhnlichen Verhalten führen. In den seltensten Fällen ist es allerdings (entgegen der häufigen Annahme) eine Unart des Pferdes.
Was ist Headshaking beim Pferd und wie äußert es sich?
Schüttelt ein Pferd seinen Kopf, ist das eine vollkommen normale Reaktion. Es dient z.B. zum Mückenverjagen oder um Juckreiz entgegenzuwirken. Wird das Schütteln allerdings zu einem dauerhaften Problem, nennt man es “Headshaking”. Pferde mit diesem Syndrom fangen meist ohne ersichtliche Gründe an, mit ihrem Kopf massiv zu schütteln. Oft beschränkt sich das Headshaking auf ein horizontales Kopfschlagen. Es kann aber auch zu einem wilden Schütteln in sämtliche Richtungen ausarten.
Diese Gründe können hinter dem Kopfschütteln deines Pferdes stecken:
- Stress und schlechte Haltung: Headshaking kann eine stressbedingte Verhaltensstörung sein. In manchen Fällen wird sie durch zu hartes Training, zu wenig Auslauf und durch eine schlechte Haltungsform ausgelöst.
- Krankheitsbedingtes Headshaking: ein kranker Zahn, Probleme mit der Halswirbelsäule, Muskulaturprobleme, Parasiten oder ein Infekt können ebenfalls der Grund für Headshaking sein.
- Idiopathisches Headshaking: Idiopathisch bedeutet so viel wie “undefinierbar”. Das heißt, in vielen Fällen ist der Ursprung des Problems nur schwer oder gar nicht zu ermitteln.
- Trigeminusmiidiertes Headshaking: Diese Art betitelt das “echte” Headshaking. Auslöser hierfür ist der Trigeminusnerv (Latein: Nervus Trigeminus). Ist dieser Nerv beschädigt oder hypersensibel, löst es in den meisten Fällen Headshaking aus. Diese Form des Headshakings ist nur schwer therapierbar.
Headshaking Pferd – welche Symptome zeigen sich?
Das am häufigsten beobachtete Symptom ist das immer wiederkehrende wilde Auf- und Abschlagen des Kopfes.
Weitere Begleitsymptome können sich wie folgt äußern:
- starkes Reiben der Nüstern an den Vorderbeinen (77% der Headshaker)
- Reiben der Nüstern am Boden oder einer Wand (77% der Headshaker)
- lautes, nervöses Schnauben oder vermehrtes Niesen (51-73 % der Headshaker)
- Lippen- und Zungenspiel (72% der Headshaker)
- Zucken von Gesichtsmuskeln (61% der Headshaker)
- Vermeiden von Helligkeit, Wärme oder Wind (60-75 % der Headshaker)
Viele Headshaker stehen gerne in einer dunklen Ecke der Box oder im Schatten. Helligkeit scheint für viele der leidtragenden Tiere ein großes Problem zu sein.
Die Symptome werden oft in Stresssituationen schlimmer und bessern sich bei Ruhe. In den meisten Fällen äußert sich das Symptom sogar nur, wenn das Pferd an der Longe läuft oder unter dem Sattel. Deshalb gehen viele Pferdebesitzer davon aus, dass es eine Unart ihres Pferdes ist. Es liegt aber meist nicht daran, dass dein Vierbeiner nicht arbeitswillig ist, sondern ein ernst zu nehmendes Problem hat.
Stress- bzw. psychischbedingtes Headshaking kann meist durch eine Veränderung der Haltung “geheilt” werden. Eine tierfreundliche Unterbringung in Pferdegesellschaft mit viel Auslauf reicht oft aus, um das verhaltensbedingte Headshaking zu beenden.
Wie schlimm ist Headshaking für Pferde?
Headshaking ist sowohl für den Reiter als auch für das Pferd nervenaufreibend. Das Pferd leidet sichtlich und man selbst ist oft ratlos. Es kann für dein Pferd sogar so schlimm werden, dass es kaum auszuhalten ist. Ist ein Pferd nicht mehr händel- und kontrollierbar, kann dies schnell gefährlich werden. In wirklich schweren Fällen kann es sogar dazu führen, dass das Pferd eingeschläfert werden muss.
Die 5 Stufen des Headshakings
- Grad 1: Das Pferd zeigt immer wieder die Symptome des Kopfschlagens, ist aber weiterhin reitbar.
- Grad 2: Die Symptome sind immer noch mäßig. Das Pferd ist zu diesem Zeitpunkt unter leichten Einschränkungen noch reitbar.
- Grad 3: Das Pferd lässt sich nur noch unter massiven Einschränkungen reiten und ist kaum mehr kontrollierbar.
- Grad 4: Das Pferd ist durch das massive Kopfschlagen nicht mehr reitbar.
- Grad 5: Das Pferd wird durch sein extremes Verhaltensmuster zur Gefahr und ist nicht mehr kontrollierbar.
Was genau zum Headshaking führt, ist oft nicht herauszufinden. Was allerdings bei dem einen Pferd hilft, verschlimmert es bei einem anderen Headshaker manchmal oder ist völlig wirkungsfrei. Deshalb ist die Krankheit sehr individuell zu betrachten und wirft meist viele unbeantwortete Fragen auf.
Jeder Besitzer eines Headshakers weiß, wie haareraufend es sein kann, nach der Ursache zu forschen. Es ist aber in jedem Fall erstrebenswert, das Leben des Pferdes zu erleichtern und nach dem zugrunde liegenden Problem zu forschen.
Was ist zu tun, wenn nichts mehr hilft – Pferd einschläfern?
Meist ist das idiopathische (“grundlose”) Headshaking heilbar oder so in den Griff zu bekommen, dass es für Reiter und Pferd erträglich ist. Eine Veränderung der Haltung (zum Beispiel von Offenstallhaltung zur Boxenhaltung oder umgekehrt), kann bereits eine massive Verbesserung herbeiführen. Einige Pferde fühlen sich in einer Herde bedrängt und benötigen Schutz um zur Ruhe zu kommen, andere wiederum brauchen Freiraum und mehr Auslauf.
Die Chancen der Heilung oder der deutlichen Verbesserung der Lebensqualität ist also durchaus gegeben.
Ist ein Pferd allerdings so schwer erkrankt, dass es zur unkontrollierbaren Gefahr wird und keine Therapie anschlägt, ist das Einschläfern in Betracht zu ziehen. In manchen Fällen ist es eine Befreiung von unaufhaltsamen Schmerzen.
Heilungs- und Therapiemöglichkeiten bei Headshakern
Wie oben bereits erwähnt, ist die Aussicht auf Heilung in vielen Fällen gegeben. Welche Medikamente und Therapieansätze helfen können, findest du hier…
Welche Medikamente können helfen?
Das “Zaubermittel” um das Headshaking zu heilen, gibt es leider nicht. Es kommt ganz darauf an, aus welchem Grund dein Pferd die Symptome zeigt. Leidet das Tier zum Beispiel unter Trigeminusneuralgie (Erkrankung des Trigeminusnervs), können Medikamente aus der Humanmedizin (Cyproheptadin oder Carbamazepin) gute Erfolge erzielen. Teilweise werden sie bereits bei Pferden eingesetzt. Leider müssen diese Medikamente dauerhaft eingenommen werden und sind sehr teuer. Nebenwirkungen wie Koliken sind keine Seltenheit. Hier sollte eine Risiko-Nutzen-Abwägung erfolgen.
Auch der Melatoninspiegel kann eine ausschlaggebende Rolle spielen. Das Austauschen durch einen Melatoninersatz konnte bereits in einigen Fällen eine deutliche Besserung herbeiführen.
Akupunktur und Homöopathie können alternativ oder ergänzend zur Anwendung gebracht werden. In manchen Fällen reicht es aus, das Wohlbefinden des Pferdes deutlich zu verbessern. Auch ein Pferdephysiotherapeut kann durch eine zielgerichtete Therapie eine Wohltat sein und Schmerzen lindern.
Ursachen von Heashaking
Die Ursache des oft unergründlichen Kopfschüttelns ist so individuell wie zum Teil unergründlich. Die häufigsten Auslöser haben wir dir nachfolgend aufgelistet. Ist dieser einmal gefunden, kann die Ursache beseitigt werden.
- Erkrankungen der Haut
- Talpa (Genickbeulen)
- Ohrenentzündung
- Iriszysten
- Ohrmilben
- Schädigung des Nervus Trigeminus (Trigeminusneuralgie)
- Rhinitis, Sinusitis (Entzündung der Schleimhäute oder der Nasennebenhöhlen)
- Allergien
- Zahnprobleme
- Erkrankungen der Gefäße im Gesichtsbereich bzw. der Nase
Trigeminusnerv als Auslöser von Headshaking
Beim “echten” Headshaking ist der Gesichtsnerv hauptverantwortlicher. Der sensible Kopfnerv hat Einfluss auf zahlreiche Bereiche des Pferdekörpers. Dazu zählen die Haut, Schläfe, Scheitel, Bindehaut am unteren Augenlid, die obere Lippe und die Nüstern. Der Nerv hält Verbindung zu den Drüsen der Nasen- und Gaumenschleimhaut, den Tränendrüsen und der Schleimhaut der Nase. Zudem ist ein Teil des Nervs mit den Zähnen im Oberkiefer verbunden.
Hier sieht man also deutlich, dass die Abklärung einzelner Punkte meist erst einmal zermürbend sein kann. Die Ursache zu finden kann lange dauern und gleicht teilweise einer Suche von einer Nadel im Heuhaufen. Deinem Pferd zuliebe solltest du aber auf jeden Fall dran bleiben und die Hoffnung nicht aufgeben.
Headshaking Pferd – Welche Diagnosemaßnahmen decken auf?
Es gibt verschiedene Ansatzpunkte, die deinem Pferd und dir helfen können. Um eine Diagnose zu stellen, solltest du ein Video deines Pferdes zur Untersuchung mitbringen. Oft zeigt sich das Schlagen des Kopfes nicht sofort und so kannst du deinem Tierarzt das Problem direkt vor Augen führen.
Weitere Untersuchungsmethoden:
Während der Suche nach dem Grund der Erkrankung vergeht oft viel Zeit. Es ist eine kostspielige Angelegenheit und es müssen vielerlei Maßnahmen ergriffen werden. Deshalb ist es sinnvoll, auf das Ausschlussverfahren zu setzen. Man beginnt i.d.R. mit den einfachen Verfahren, die das Pferd und den Geldbeutel möglichst wenig belasten. Findet man nichts, müssen weitere Schritte eingeleitet werden.
Welche Behandlung hilft bei Headshaking?
Headshaking Pferd: 10 Maßnahmen, die sofort helfen können!
- Fütterung von Magnesium um die die Muskulatur zu entspannen.
- Süßholz in gemahlener Form kann als Futterzusatz schnell helfen. Es beugt Entzündungen vor, wirkt antibakteriell und gegen Pilz.
- Eine UV-Maske für die Augen kann die Lichtempfindlichkeit verbessern und zu einer Entspannung des Trigeminusnervs führen.
- Verwendung eines Nasennetz, um die empfindlichen Schleimhäute und Nasengänge zu schützen.
- Tryphtophan als Futterzusatz verwenden um Mängel auszugleichen.
- Ggf. Umstellung von Herden- zur Boxenhaltung oder umgekehrt.
- Die Basisversorgung verbessern (hochwertige Futterzusätze, Futteröl, Kräuter)
- Stresslevel herunterfahren, kein hartes Training.
- Gebiss und Sattel überprüfen lassen. Wichtig! Auch hier kann der Grund zum Headshaking liegen. Die Reizung schlechter Ausstattung, kann die Symptomatik des Headshakings herbeiführen.
- Ausgleich schaffen, durch ruhige Spaziergänge oder sanftes Reiten (je nach Schweregrad).
Weitere Therapie: Zunächst Schmerzmittel und Antiallergikum
Das Kopfschütteln wird oft als erstes mit Schmerzmitteln behandelt. Lässt das Schlagen mit dem Kopf nach, ist es naheliegend, dass eine Schmerzkrankheit zugrunde liegt.
Nun gilt es diese zu lokalisieren und spezifisch darauf einzugehen.
Gleichermaßen gestaltet sich die Situation bei einer allergischen Ursache. Dem Pferd wird ein Antiallergikum verabreicht.
Achtung! Bitte nicht in Eigenregie humanmedizinische Medikamente wie Cetirizin verabreichen. Dies sollte nur unter Absprache mit einem Tierarzt geschehen, da die Dosierung ein wichtiger gesundheitlicher Aspekt ist.
Wenn das Headshaking allerdings allergischer Natur ist, sollte es sich mit dieser Maßnahme signifikant verbessern. Um dein Pferd dauerhaft zu unterstützen, kann eine allgemeine gesundheitliche Verbesserung deines Pferdes sinnvoll sein.
Neurektomie
Die Neurektomie (Durchtrennung eines Nervs) ist keine ungefährliche Art der Behandlung. In schweren Fällen kann es allerdings die einzige Methode sein, um zu helfen. Das bei diesem Eingriff auch andere Nerven beschädigt werden, ist leider nicht die Seltenheit. Da der Gesichtsnerv, der bei Beschädigung oder Hypersensibilität oft nur durch starke Medikamente beeinflusst werden kann, ist eine Durchtrennung hin und wieder nicht zu umgehen.
Physiotherapie und Osteopathie
Bei Problemen mit dem Bewegungsapparat kann ein Pferdphysiotherapeut oder Osteopath hinzugezogen werden. Der Therapeut kümmert sich um die körperlichen Belange und versucht diese mit gezielten Übungen wieder in die richtige Bahn zu lenken.
Akupunktur zählt ebenfalls zu den körperlichen Therapieversuchen. In einigen Fällen konnte dadurch eine starke Verbesserung des Problems erzielt werden.
Die besondere Therapiemethode: Elektrische Stimulation
Die perkutane elektrische Nervenstimulation kann nur im sedierten Zustand durchgeführt werden. Diese wird durch eine Spinalkanüle an einem Ast des Gesichtsnervs angebracht. Eine zweite Nadel zur Erdung wird etwa zwei Zentimeter darunter platziert. Der Nerv wird nun 25 Minuten mit variierenden Frequenzen und Spannungen angeregt. Ziel der Therapie ist, dass der Nerv durch Reiz desensibilisiert wird und die (Über-) Reaktion nachlässt. Die Therapie verspricht nur Erfolg, wenn sie am Anfang in sehr regelmäßigen Abständen durchgeführt wird.
Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist, dass das Headshaking durch den Nerv verursacht wird und andere Gründe ausgeschlossen werden können.
Die elektrische Stimulation ist verhältnismäßig kostengünstig und zeigte in einem Test der Universität Bristol (mit sieben Pferden) ausgesprochen gute Therapieerfolge.
Wie hilfreich ist Homöopathie bei Headshakern?
Bei der Homöopathie mit Pferden ist es ähnlich wie im humanen Bereich: Der Glaube daran kann Berge versetzen!
Eine wissenschaftlich fundierte Erkenntnis darüber gibt es nicht. Einige Besitzer von Headshakern schwören allerdings auf Globulis und homöopathische Mittel:
- Lycopodium kann gegeben werden, wenn kein ersichtlicher Grund zum Headshaking besteht.
- Bei Unruhe und Angst kann mit Arsenicum unterstützt werden.
- Bei Schütteln durch Niesen und Nasenausfluss kann Nux vomica eingesetzt werden.
- Ist das Headshaking allergisch bedingt, ist Sabadilla womöglich ein hilfreiches Mittel.
- Bei Headshaking, das auf die Haut zurückzuführen ist, empfiehlt sich Sulfur.
- Ist der Nervus Trigeminus betroffen, kann Belladonna eingesetzt werden.
- Bei Reizbarkeit und Verschlimmerung durch Bewegung kann Bryonia hilfreich sein.
- Hat das Pferd sehr lichtempfindliche Augen, kann Allium cepa eingesetzt werden.
I.d.R. empfiehlt sich das homöopathische Mittel in Form von C 30 einzusetzen und sollte nicht öfter als zweimal am Tag verabreicht werden.
Die Angaben sind ohne Gewähr. Bitte informiere dich noch einmal genau bei einem Tierheilpraktiker.
Zusammenfassung
Der bisherige Wissensstand über eine erfolgreiche Therapie von Headshaking reicht noch nicht vollständig aus, um von sicheren Methoden zu sprechen. Es gibt allerdings gute Ansätze um Abhilfe zu leisten.
Das Wichtige bei der Suche nach der Ursache ist nicht die Hoffnung zu verlieren und auch einfache Möglichkeiten wie z.B. ein Nasennetz oder ein Netz für die Augen zuerst zu probieren. Das Prüfen von Sattel, Gebiss und etwaigen Allergien, können ebenfalls zu einer Verbesserung des Kopfschüttelns führen.
Verhaltensstörungen des Tieres sind meist auf den Menschen zurückzuführen und kann häufig schnell behoben werden. Solltest du auch im Besitz eines Headshakers sein, hoffen wir, dass dir unsere Tipps zur Behandlung des Headshakings helfen konnten und wünschen dir viel Erfolg dabei.
Ich reite, seitdem ich 6 Jahre alt bin. Mit meiner Trainer B Lizenz „Reiten“ und meiner Ergänzungsqualifikation „Sitz- und Gleichgewichtsschulung“ konnte ich schon vielen Reiter-Pferd-Paaren zu mehr Harmonie und „richtigem Reiten“ verhelfen. Meine Passion liegt in der Vielseitigkeit/Cross Country. Ich habe zwei eigene Pferde: „Bell“ (*2016) und „Grazi“ (*1994), zwei Kinder: „Fabius“ (*2017) und „Joshua“ (*2021), bin glücklich verheiratet und lebe in Straßlach, bei München.
Mein Autoren-Profil: Johanna Hartung