Sensibel, einfühlsam, taktgebend und maßvoll – so sollte die ideale Verbindung zwischen Reiter und Pferdemaul aussehen. Ein guter Kontakt ist maßgeblich und sollte nicht unterschätzt werden, denn auch beim “augenscheinlichen” am Zügel gehen, können viele, teils schwerwiegende Fehler passieren.
Vermeide am besten von Anfang an, dass es zu Problemen wie dem Einrollen oder auf das Gebiss legen kommt. Fundiertes Basiswissen und Vorbeugung ist das A und O, wenn es um die korrekte Anlehnung beim Pferd geht.
Wie steht es um deine Beziehung zum Pferdemaul? Spannende Details über die richtige Anlehnung findest du hier in unserem Artikel.
Wie wird die korrekte Anlehnung zum Pferdemaul definiert und wie sieht diese aus?
Die Anlehnung folgt nach der Losgelassenheit als dritter sehr wichtiger Punkt auf der Skala der Ausbildung. Laut der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) wird sie folgendermaßen definiert:
So sieht die Anlehnung in der Praxis aus:
- Die Stirn-Nasen-Linie muss vor der Senkrechten sein
- Das Genick sollte den höchsten Punkt darstellen
- Das Pferd lehnt den Hals über das Genick (Beizäumung: höchster Punkt) nach vorne und unten
- Das Pferd sucht die Zügelverbindung
Die Olympiasiegerin Jessica von Bredow-Werndl erwähnte einmal, dass man mit der Anlehnung umgehen sollte, als ob man zwei Fäden in der Hand hat, die nicht reißen dürfen.
Dieses Zitat sollte man stets im Hinterkopf behalten, während man mit seinem Pferd arbeitet.
Da die Anlehnung allerdings viel mehr von der Hinterhand über den Pferderücken und Zügel zum Pferdemaul aufgebaut wird, ist die treibende Hilfe vorrangig. Dies führt demzufolge auch zur Anlehnung.
Warum ist die korrekte Anlehnung so wichtig?
Die Anlehnung wird in erster Linie nicht wegen der Optik geritten. Es dient der tatsächlichen Wortbedeutung: Das Pferd darf sich anlehnen. Es geht um Führen, Gleichgewicht halten und einen schonenden gewölbten Hals und Rücken. Im Endresultat: um die Sicherheit und Pferdegesundheit.
Ein gänzlich schlackernder Zügel, der keine Verbindung zum Pferdemaul aufweist, kann sogar schaden. Die Einwirkungen und Hilfen müssen in diesem Fall meist anders stattfinden und sind ggf. nicht sensibel genug. Wer eine gute Verbindung zum Pferde weiß, der hat die Möglichkeit, durch minimale Hilfen das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Es lohnt sich also durchaus, die Anlehnung an das Pferdemaul genau unter die Lupe zu nehmen.
Übungen zur Erarbeitung der korrekten Anlehnung
Die Grundvoraussetzung der Anlehnung sind die zwei vorherigen Punkte der Ausbildungsskala: Takt und Losgelassenheit. Des Weiteren spielen das Geraderichten und die Versammlung eine große Rolle. Achte daher immer auf das Gesamtpaket.
Ein Pferd, das unter korrekter Anlehnung läuft, fühlt sich an, als ob man mit den zartesten Hilfen das ganze Pferd wie von Zauberhand bewegt.
Um dein Pferd langsam genau dorthin zu führen, findest du nachfolgend effektive Übungen.
Stangentraining Stangengasse:
Übergänge und Tempounterschiede:
- Tempounterschiede und bewusst gerittene Übergänge sind eine hervorragende Methode, um die Anlehnung gezielt zu fördern.
- Du hältst dein Pferd mit dieser Übung wachsam, verfeinerst die Kommunikation und bleibst dabei selbst aufmerksam.
- Achte bei der Übung darauf, eine möglichst einfühlsame und feine Handarbeit durchzuführen. Wenn du damit Schwierigkeiten haben solltest, bemühe dich durch Übungen wie z.B. mit Flexibar deine Muskeln zu stärken und dadurch ein besseres Gefühl zu erlangen.
Zügel aus der Hand kauen lassen:
Schulterherein richtig reiten:
- Probleme können von jetzt auf gleich auftreten und gegebenenfalls großen Schaden anrichten. Beachtest du diese 4 Checkpoints, verringerst du das Risiko um ein Vielfaches!
Warum klappt es trotzdem nicht mit der Anlehnung?
Es gibt einige Anlehnungsfehler, die teilweise vom Reiter selbst nicht wirklich bemerkt werden. Auf diese Fehler der Anlehnung solltest du ein besonderes Augenmerk haben:
- Dein Pferd geht hinter dem Zügel: zu harte Reiterhand bzw. zu harte Handeinwirkungen, treibende und verhaltende Hilfen haben eine unterschiedliche Abstimmung, inaktive Hinterhand, Losgelassenheit oder Takt stimmen nicht.
- Dein Pferd geht hinter der Senkrechten: falsch aufeinander abgestimmte Hilfen der Hand zu den treibenden Hilfen.
- Dein Pferd lehnt sich auf den Zügel: der häufigste Grund ist, dass dein Pferd noch keine Last auf der Hinterhand/Hinterbein aufnehmen kann, sich quasi nicht richtig ausbalancieren kann.
- Es besteht ein reiterliches Problem: falscher Sitz, schwache Haltung, fehlende Ruhe in der Zügelhaltung, nicht zureichende körperliche Balance.
Mögliche Verbesserungen durch Flexibilität
Wenn die Anlehnung nicht funktionieren mag und der Grund beim Reiter liegt, ist es wichtig, an sich zu arbeiten. Die Flexibilität und entsprechend trainierte Muskeln in den richtigen Bereichen können viel zum richtigen Sitz und vor allem zur ruhigen Handhaltung beitragen. Diese sind sowohl für die Anlehnung als auch für alle weiteren Punkte maßgeblich.
Vor allem Übungen durch Flexibar haben eine besonders positive und erfolgreiche Wirkung gezeigt. Wir haben es bereits selbst ausprobiert und sind begeistert!
Geeignetes Equipment: die richtige Trense und das passende Gebiss
Wenn du dein Pferd mit einem falschen Gebiss reitest und ihm dabei Schmerzen bereitest, wird eine gute Anlehnung nicht funktionieren. Für dein Pferd sollte das Reiten eine angenehme, aber fordernde Arbeit sein. Hierfür bedarf es Konzentration. Diese kann nur stattfinden, wenn dein Pferd keine Ablenkung durch Unannehmlichkeiten erfährt. Darunter zählt übrigens auch die Ablenkung durch einen fehlerhaft sitzenden Sattel. Deshalb sollte auch dieser einwandfrei passen.
Grundsätzlich kannst du davon ausgehen, dass dein Gebiss gut sitzt, wenn du jeweils rechts und links 0,5 cm Platz zwischen dem Gebissring und dem Maul hast. Der Zügel sollte hierbei nicht aufgenommen werden. Der Ring muss immer beweglich sein und nicht einengend oder starr.
Takt und Losgelassenheit als Voraussetzung der Anlehnung
Um als Reiter eine dauerhaft gute Anbindung zu deinem Pferd aufnehmen zu können, bedarf es Grundvoraussetzungen. Hierzu zählen der Takt und die Losgelassenheit. Auf der Skala der Ausbildung stellen diese die wichtigsten Punkte dar. Das Zusammenspiel ist allerdings das Ausschlaggebende, denn das Eine bedingt zweifellos das Andere.
Zusammenfassung
Die richtige Verbindung zum Pferd – ohne sie läuft’s im wahrsten Sinne des Wortes nicht rund! Der aufgewölbte Hals und Rücken, der durch das Herantreten der starken Hinterhand an den Zügel entsteht, hat wenig optische Hintergründe. Vielmehr handelt es sich hier um einen gesundheitlichen Aspekt und ein ausbalanciertes, geschmeidiges Reiten. In der Skala der Ausbildung, festgehalten durch die FN, zählt sie zu den wichtigsten Punkten. Ein entspanntes vorwärts-abwärts Reiten, ohne dass sich dein Pferd z.B. auf den Zügel lehnt oder einrollt, erfordert allerdings Übung. Hierzu eignen sich zum Beispiel Schulterherein, Tempo- und Übergangsübungen oder effektive Stangenarbeit. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Eigenkorrektur. Darunter fällt auch, sich so weit zu trainieren, dass beispielsweise eine ruhige Hand daraus resultiert. Flexibarübungen haben sich hier bestens bewährt. Wir wünschen dir viel Erfolg bei der Anlehnung. Damit du das Gesamtpaket nutzen kannst, switche gerne auch zu unsere anderen interessanten Artikeln.
Ich reite, seitdem ich 6 Jahre alt bin. Mit meiner Trainer B Lizenz „Reiten“ und meiner Ergänzungsqualifikation „Sitz- und Gleichgewichtsschulung“ konnte ich schon vielen Reiter-Pferd-Paaren zu mehr Harmonie und „richtigem Reiten“ verhelfen. Meine Passion liegt in der Vielseitigkeit/Cross Country. Ich habe zwei eigene Pferde: „Bell“ (*2016) und „Grazi“ (*1994), zwei Kinder: „Fabius“ (*2017) und „Joshua“ (*2021), bin glücklich verheiratet und lebe in Straßlach, bei München.
Mein Autoren-Profil: Johanna Hartung